„…hat er keinen Düsenantrieb, keine Kanone und keine Panzerung.“ Das war der erste Kommentar meines mittleren Sohnes zum neuen Mirai. Er ist vier Jahre alt. Ich glaube, er wünscht sich, dass wir ihn statt mit dem Firmenlogo mit einem Flammenmuster bekleben.
Aber Spaß beiseite: Ich habe das Auto jetzt knapp zwei Wochen und etwa 1.600 km gemacht. Das Leben als Wasserstofffahrer ist interessant. Man merkt, dass viele Sachen gut laufen, es aber auch an ein paar Stellen noch Luft nach oben gibt. Auf der Tankkarte zum Beispiel ist ein Doppel-Pfeil drauf, aber drei Mal dürfen Sie raten: man muss die Karte umgekehrt in den Kartenleser stecken. Also entgegen der Pfeilrichtung. Aha. Hätte ich vielleicht doch die Videoschulung machen sollen. Intuitives Verstehen ist nicht Trumpf.
Die Faustregel für den Verbrauch von Wasserstoffautos ist ja 1 kg pro 100 km. Im Prospekt des Mirai steht glaube ich etwas von 0,8 kg pro 100 km. Meine ersten Fahrten waren nahezu 100% Autobahn, und zwar leere deutsche Autobahn. Ich bin kein Raser, aber wenn die Autobahn leer und trocken ist und die Sonne scheint fahre ich nicht 80 km/h auf der mittleren Spur. Auch klar. Fazit: bei ca. 150 – 160 km/h ist der Verbrauch rund 1,6 bis 1,7 kg pro 100 km. Das tut weh. Multiplizieren wir es mit € 9,50 pro Kilo Wasserstoff, und die Kraftstoffkosten pro 100 km liegen bei knapp 16 Euro. Das entspricht einem Dieselverbrauch von etwa 12 Litern! Eine normale E-Klasse schafft das Gleiche mit 6-7 Litern.
In der Stadt kann das Auto dann seine Effizienzvorteile ausspielen: meine ersten Erfahrungen zeigen, dass 0,7-0,8 kg/100km möglich sind. Das sind dann rund 7 Euro auf 100 km.
Ich bin natürlich noch ein Exot mit meinem Wasserstoffantrieb, und ich weiß, dass ich auch mal Herausforderungen zu meistern haben werde. Das ist mein selbst gewähltes Schicksal. Ich habe mich für das soziotechnologische Realexperiment entschieden, um herauszufinden: Wo steht der Wasserstoff wirklich? Hat er eine Chance? Was müssen wir tun? Hat Herr Diess von Volkswagen Recht, der Wasserstoffautos für Unsinn hält?
Apropos Herr Diess: Kürzlich wurde er in einem Interview gefragt, ob er Tesla an der Börse für überbewertet hält. Seine klare Antwort: „Tesla ist nicht überbewertet, Volkswagen ist unterbewertet.“ Und seitdem bläst er für VW nur noch ins Elektroauto-Horn, und der Aktienkurs steigt unaufhörlich. Interessanter Zusammenhang. Die Youtube-Kommentare zu seinem ID3 sprechen eigentlich nicht dafür. Da ist vieles in der Kategorie „verheerend“, vor allem in Bezug auf die Software. Die Software ist übrigens die Königsdisziplin bei Tesla. Die waren vor neun Jahren schon wesentlich weiter als es Toyota im Mirai heute ist. Aber darüber werde ich in einer zukünftigen Mail schreiben.
Mein Fazit für heute: Der Toyota hat mich in den letzten zwei Wochen schon sieben Mal an eine Tankstelle gebracht. Ich muss die Kosten mal addieren, aber sie waren schon signifikant. Vor allem weil ich den Tesla für 5 Euro Flatrate bei unserem lokalen Stromversorger geladen habe, und ich mindestens drei Mal kostenlos in Hotels oder bei Kunden hätte laden können. Ich bezahle das Geld aber diskussionslos, weil es Teil meines Experiments ist. Und am Ende geht es ja nicht um mich, es geht um die Zukunft der Mobilität. Denn was viele Menschen nicht wissen: „Wer immer nur von der Gegenwart aus denkt, verharrt in der Kurzfristigkeit und verliert an strategischer Tiefe.“
Den letzten Satz habe ich mir übrigens selber ausgedacht. Ganz sicher. Wirklich. Ganz, ganz wirklich. Ich glaube, ich sollte über eine Kanzler-Kandidatur nachdenken…
PS: Demnächst werde ich in einem Webinar über meine Erfahrungen berichten. Das Datum steht noch nicht fest, aber wenn Sie sich für die größte Wasserstoffkonferenz der Welt, die Hydrogen Online Conference, kostenlos anmelden, erhalten Sie auf jeden Fall eine Einladung: www.hydrogen-online-conference.com.