Guten Tag, meine sehr verehrten Leserinnen und Leser,
vielleicht ist Ihnen auch aufgefallen, dass man in letzter Zeit viel Onlinewerbung sieht, die sinngemäß heißt: „Reich werden mit Wasserstoffaktien“ oder „Diese geheimen Wasserstoffaktien werden bald durch die Decke gehen.“ Dazu kommen Sprüche wie „Warum Elon Musk sich irrt“ und so. Das Gesicht zur Werbung ist Hans Meiser, den die älteren Semester unter uns noch aus dem 90-er Jahre Nachmittagsfernsehen kennen (und in der Zwischenzeit vermisst haben? Na ja: eher nicht…).
Natürlich fragen mich viele Leute, ob das stimmt und ob sie noch die aller- allerletzte Chance ergreifen sollen, die geheimen (aber intensiv beworbenen) Aktien zu kaufen und auch reich zu werden.
Hier kommt meine Meinung:
Ja, ich glaube an Wasserstoff als Energieträger. Ich kenne die Grenzen, aber ich weiß auch, dass z.B. die Deutsche Bahn jedes Jahr mehrere hundert Millionen Liter Diesel auf den nicht elektrifizierten Strecken verbraucht. Wenn der Staat mit einem guten Beispiel vorangehen will, muss er vom Diesel weg. Und in diesem Fall ist Wasserstoff die optimale Lösung, Alstom macht es in Niedersachsen vor. Im Schwerlastverkehr hat die EU gerade wieder die CO2-Grenzen verschärft. Ist da die Batterie das Optimum? Ich glaube nicht.
Werden genau die Firmen, die jetzt auf dem Sektor aktiv sind, auch in 10 Jahren noch die Führungsrolle haben und einen Börsenwert kurz hinter Apple, Amazon und ExxonMobile haben? Keine Ahnung. Statistisch gesehen eher nicht. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel, und dann sagen Leute wie Sie und ich „Hätte ich doch mal 2003 Amazon-Aktien gekauft, dann müsste ich nicht mehr jeden Tag bei Netto hinter der Fleischtheke stehen und fragen, welche Sorte Leberwurst der Kunde denn gerne möchte.“
Kann man mit solchen Aktien schnell reich werden? Glaube ich nicht. Die Statistik spricht dagegen. Ballard versucht es seit Jahrzehnten, hat es aber bis heute nicht geschafft. Niemand hat es geschafft auf dem Gebiet. Und vor allem: Wenn jemand mit intensiver Werbung versucht, mir ein „Geheimnis“ schmackhaft zu machen, ist es alles, nur eins nicht: ein Geheimnis.
Ein guter Bekannter hat dennoch Aktien von einer dieser Firmen gekauft. Eine norwegische „Wasserstoffperle“ laut Google-Anzeigen. Seit dem sagt er immer wieder mit einem (halben) Augenzwinkern zu mir „Ich verlasse mich auf dich! Wehe, wenn das schief geht mit dem Wasserstoff! Denk an mich und meine Rente!“
Kürzlich habe ich den CEO dieser Firma getroffen und ihn am Ende auch gefragt, ob er mir empfiehlt, seine Aktien zu kaufen. Er wollte sich dazu nicht äußern. Ich sage: „Jon, komm schon! Ein Freund von mir hat seine ganze Altersvorsorge in euch investiert, und er nimmt mich in die Verantwortung! Wenn ihr nicht erfolgreich seid, habe ich ein Problem.“ Er hat nur gelacht und das einzig richtige gesagt: Jeder muss selbst entscheiden, wo und wie er sein Geld anlegt.
Was empfehle ich denn? Auf keinen Fall eine bestimmte Aktie. Keine Ahnung, wie die sich entwickeln. Ich empfehle aber, in die technisch richtige Richtung zu gehen. Und die heißt: Weg von den fossilen Kraftstoffen wo immer möglich. Das spart nicht nur CO2, sondern auch dutzende Milliarden Euro, die unsere Volkswirtschaft jedes Jahr in die Welt verteilt. Es muss meiner Meinung nach nicht zwingend sein, dass Saudi Aramco über 100 Milliarden Gewinn nach Steuern macht (mehr als Exxon, Shell, BP und Total zusammen!). Das Geld kommt nämlich unter anderem von unseren Bahnkunden. Wasserstoff könnte helfen, es hier im Land zu behalten. Und damit die Aktienkurse nach oben treiben, damit Sie und ich möglichst schnell und unkompliziert reich werden.
Einverstanden? 🙂
Gruß
David Wenger
PS: Ich habe übrigens keine Ahnung, wer die Werbung schaltet. Lässt sich bestimmt rausfinden. Aber ich war zu faul bisher. Hans Meiser habe ich bisher noch auf keiner Wasserstoffkonferenz getroffen. Vielleicht braucht auch er Geld. I don’t know.
PS 2: Ich weiß, ich wiederhole mich: Wenn Sie mein Ebook „Sind Fuel Cells Fool’s Cells“ noch nicht kennen, empfehle ich es Ihnen: https://www.h2-experts.de/.
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